Die Evangelisten in Cäciliengroden

Vor 20 Jahren, am 1. August 1993, enthüllte Bischof Wilhelm Sievers im Garten der Christuskirche Cäciliengroden die vier Evangelisten, die der polnische Holzschnitzkünstler Andrzej Wojtczak zuvor in wochenlanger Arbeit geschaffen hatte.

Hunderte Gäste wohnten der Feier bei, die der Sander "Eiche"-Chor musikalisch umrahmte.
Der Kunst liebende Pastor Frank Klimmeck, dessen Name auch mit dem Skulpturenpfad rund um den Jadebusen in Verbindung steht, und seine Frau Elke hatten Wojtczak und seine Familie eingeladen und als Gäste aufgenommen. Klimmeck organisierte eine Spendensammlung, mit der die Arbeit finanziert wurde.

Die fröhlichbunten Skulpturen in polnischer Volkskunsttradition schmückten einige Jahre den Vorgarten des Gemeindehauses und machten als Blickfang auf die Christuskirche aufmerksam. Doch das raue Wetter und aufsteigende Feuchtigkeit nagten am weichen Pappelholz, so dass die Evangelisten vor elf Jahren in einen Kleintransporter verladen und zum Restaurator nach Bremen gebracht werden mussten. Frisch konserviert, sollten die schönen Kunstwerke nun allerdings geschützter aufgestellt werden und grüßen die Besucher seitdem in der Kirche und im Gemeindehaus.
Andrzej Wojtczak wurde 1950 in Kutno in Mittelpolen als Arbeiterkind geboren. Er lernte Schlosser, engagierte sich in der verbotenen Gewerkschaft Solidarnosz und kam dafür ins Gefängnis.
Hier hatte er, wie er berichtete, viel Zeit gehabt, um in der Bibel zu lesen. Als Autodidakt begann er in jungen Jahren mit seinen fantasievollen Schnitzereien. Später avancierte er mit seiner Kunst zum Preisträger und ist mit seinen Arbeiten in den bedeutendsten Museen vertreten. Tochter Magdalena, die damals die Einweihung miterlebte, arbeitet heute neben ihrem studierten Beruf "nebenamtlich" in seiner Werkstatt in Kutno mit.
Jedem seiner Cäciliengrodener Evangelisten hat der Künstler ein kirchengeschichtlich überliefertes Symbol beigegeben - in Anlehnungan die jeweils ersten Kapitel der Evangelien.
Für Matthäus steht der Mensch, weil Matthäus seine Schrift mit der Aufzählung des Stammbaums Jesu beginnt. Das erste Kapitel von Markus spricht von Johannes dem Täufer in der Wüste. Das Tier der Wüste ist der Löwe. Das erste Kapitel von Lukas berichtet von Zacharias, der im Tempel den Gottesdienst abhält und opfert: Der Stier, das dritte Symbol, ist das Opfertier. Schließlich Johannes, der letzte der Evangelisten, der im hohen Gefilde der Theologie und Anbetung schwebt: Ihm ist der Adler zugeordnet.
In der Überlieferung bedeuten die vier Symbole: Der Mensch von Matthäus spricht von der Menschwerdung Gottes. Der Löwe von Markus erinnert an die Macht und das Königtum Christi. Der Stier bei Lukas deutet das Opfer Jesu Christi, aber auch sein einzigartiges Priestertum an. Der Adler in Johannes schließlich weist auf die Eingebung des Heiligen Geistes.
Text: Hartmut Siefken; Fotos: Axel Biewer


 

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